Vorweg: Das muss man erleben! Eine intensive Erfahrung: Ein toll organisierter Spendenlauf. Die Strecke ist super und gut ausgeschildert. Dazu kommen intensive Eindrücke durch das Panorama, eingebettet in die blühende Natur. Zum Spendenlauf später mehr.
Nun, jetzt stehe ich nach über 50 Jahren wieder auf dem Großen Feldberg; Hessen. Und sauge die frische, klare Luft tief in meine Bronchien. Es ist noch früh an diesem so sonnigen Tag. Noch ist es ziemlich kühl, heute am 01.10.2025 um 10:00 Uhr.
Damals vor so vielen Jahre, da hatten mich meine Eltern bei jeder Gelegenheit auf den Feldberg gefahren. Wegen der guten Luft dort vor dem Hintergrund meiner Atemprobleme. Nun, ich bin hochgradig Asthmatiker. Laufen ist das beste Training für meine Bronchialmuskulatur; das habe ich gelernt und über viele Jahre als hilfreich erfahren.
Heute habe ich die freie Zeit zwischen zwei Arztterminen (Routine) genutzt, um mir meinen Traum einer Teilnahme an diesem Event zu ermöglichen. Rauf auf meine Vespa und ab zum Feldberg.
Es gilt die legendäre Nordbahn im Feldbergmassiv im Taunus zu bezwingen: 1.249 m – 16% Steigung – 170 HM, das gilt es zu bewältigen. Und das Besondere: Jeder kann über insgesamt 4 Monate (1.7. – 31.10.) rund um die Uhr laufen wann er möchte, stoppt seine Zeit selbst und erfasst diese dann im Internet-Portal:
7. CrossFondo - TaunusTripleBergSprint, 01.07.2025 : : my.race|result
Ich nehme wahr, dass das Plateau des Feldbergs sich im Laufe der vielen Jahre geändert hat. Es wurde einiges gebaut. Veränderung gehört zum Leben. Mein Blick schweift in die Ferne, tolle Aussichten. Doch bevor ich zu sehr auskühle, geht es runter, zum Start. Dann bin ich schon aufgewärmt und kann direkt starten. Vorsichtig trabe ich hinab, das Gras ist noch feucht vom Tau und die Reste der Kunststoffpiste, die seit 51 Jahren dort im Naturschutzgebiet liegen, sind beim Traben nach unten eher Stolperfallen. Wie lange dauert es, bis die Reste komplett abgebaut sind?
Inmitten der Natur bin ich allein. Keine Menschenseele ist unterwegs. Gesten war hier noch das pralle Leben: Jugendliche im gesunden Wettkampf mit der Herausforderung der Strecke und auch untereinander.
So, nun bin ich am Start angekommen und los geht’s! Ein ganz anderes Laufen als bei meinem Trainingsstart auf Föhr: Ganze fünf Höhenmeter, da ich über den Deich hinübergelaufen bin.
Trainingsstart mit Blick auf den Syltlauf im nächsten Jahr. Im Rückblick auf die letzten Jahre bin ich unendlich dankbar, dass ich wieder laufen kann. Nach einem kompletten Abriss der Quadrizepssehne im linken Knie bei einem Treppensturz und dann später nochmals eingebremst durch einen mehrfachen Blinddarmdurchbruch. Meine Erkenntnis: Uns ist unser Leben geschenkt. Und Leben ist Bewegung und auch Veränderung.
Schwer schnaufend bin ich nun im Ziel angekommen. Freude und auch etwas Stolz durchfluten mich: Ich bin mal wieder aus mental so einschränkenden täglichen Routinen ausgebrochen und habe mir einen Traum erfüllt.
Das Feldbergplateau füllt sich inzwischen mit Leben. Reisebusse aus Giesen entlassen Menschen, die direkt in die Wirtschaft gehen. Zum Frühstück? Egal. Ich mache mich auf den Heimweg um dort zu duschen und um dann den zweiten Arzttermin in Mainz wahrzunehmen.
Während ich entspannt vor mich hin cruise, kommen und gehen Gedanken, Erinnerungen. Wie kam ich dazu, diesen Lauf zu machen, woher hatte ich die Infos dazu? Michael Lederer kommt mir in den Sinn. Ihn hatte ich vor vielen Jahren als unermüdlichen Organisator für ARQUE kennengelernt. Laufen und Helfen, dass war das Motto: Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die NICHT laufen können: Geboren mit Spina bifida – einer Spaltung der Wirbelsäule. Da hatte ich einige der legendären Läufe in Tempogruppen (gemeinsames Laufen, nicht gegeneinander) von Kelkheim nach Mainz mit gemacht.
Auch 2014 ein anderes Format mit Freude absolviert: Der Skyrun in Frankfurt. Den Messeturm hoch. Getreu dem Motto: „uffgerappelt…mitgedappelt“. Raus aus bequemen Komfortzonen. Menschen, die Hilfe benötigen, unterstützen. So kann Leben in Gemeinschaft gelingen.
Bei mir kamen dann im Laufe der Zeit die oben aufgeführten persönlichen Rückschläge. Doch mein Motto habe ich immer gelebt: Aufgeben gilt nicht! Erst wenn der Zielschluss vorbei ist, dann ist Schluss. Aber auch das gilt nicht unbedingt, da hatte ich so meine Erfahrungen beim Syltlauf 2014 – auch 100% ehrenamtlich organisiert, seit so etlichen Jahren. Dazu an anderer Stelle mehr.
Veränderungen, so ist das Leben. Aus meiner Erfahrung ist es wichtig, sich allem zu stellen. So wie es aktuell bei ARQUE notwendig war. ARQUE war seit so vielen Jahren mit Michael Lederer insbesondere sportlich aktiv, um Spenden einzuwerben, doch auch hier standen inzwischen Änderungen an, sodass ARQUE ab 2025 nun nicht mehr Charity-Partner ist.
Der Grund für die Änderungen werfen auch ein trauriges Schlaglicht auf unsere Gesellschaft: Es kommen immer weniger Betroffene zur ARQUE. Eltern/Paare, welche die Diagnose für ihre Babys erhalten, lassen vermehrt grundsätzlich lieber abtreiben. So meine Informationen. Das ist aus meiner Sicht sehr bitter, wir entwickeln uns mehr und mehr zu einer Freizeitgesellschaft, in der es sich nicht lohnt, Verantwortung zu übernehmen; gerade auch mit Blick auf so schützenswertes entstehendes Leben.
Insoweit konnte Michael Lederer, der seit 1988 mehr als 1,3 Mio € über verschiedenste Aktivitäten für ARQUE eingeworben hatte, auch nicht weiterhin für Spenden für ARQUE werben, da insbesondere bei fehlender Nachfrage u.a. auch die großen Kostentreiber, wie Freizeiten für die behinderten jungen Menschen, nun weggefallen sind. Denn auch wegen fehlender Nachfrage der jungen behinderten Menschen, die bereits Mitglied bei ARQUE sind, fand in letzter Zeit kein Freizeitwochenende bzw. auch keine Freizeitwoche statt.
Doch nun steht etwas Neues an mit Blick auf Spendenläufe, es hat etwas mit dem Nachwuchs im Leistungssport zu tun: Der steht auch nicht im Rampenlicht der Gesellschaft. Genau diese Schüler und Schülerinngen bekommen keine finanzielle Unterstützung von Stiftungen, Vereinen oder Starthilfen von Ausrüstungsfirmen. Jeder Cent, der hilft. Auch hier.
Der neue Charity-Partner der sportlichen Aktivitäten, die Michael Lederer weiterhin organisiert, ist ab diesem Jahr nun der Leichtathletik-Förderverein Hessen (LFH):
dessen Vorsitzender Michael Lederer seit 2019 ist. Strategisch unterstützt der LFH junge Leichtathleten in Hessen, die in den Landeskader des Hessischen Leichtathletik Verbandes neu aufgenommen werden, über 1-2 Jahre. Diese sind in der Regel 14-15 Jahre alt und haben die Vision später mal an internationalen Wettkämpfen, wie Europameisterschaften, Weltmeisterschaften oder gar den Olympischen Spielen teilnehmen zu können.
Für mich steht im nächsten Jahr unter anderen wieder der Sprint am Hausberg der Hessen an; diesmal nach Bronze gleich der Griff nach den Sternen: Gold! ….. dafür muss ich dann gleich 3x hoch sprinten, kann das aber auch über insgesamt vier Monate verteilen … das ist zu schaffen!
Rüdiger Schaller
Autor des Buches „In die Stille“
03.10.2025
Syltlauf 2025 – unter guter Flagge / Reflektionen | ruedigerschaller.de
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