Meine Schritte werden zunehmend schwerer und ich fange an zu dehydrieren, doch gleich erreiche ich bei KM 25 die Verpflegungsstation in Rantum. Energiezufuhr ist dringend notwendig; die Sonne kam inzwischen raus und der Wind war abgeflaut. Zwar war ich gut für die eiskalten Winde ab dem Start und den leichten Regen ausgerüstet, aber die nun zunehmende Wärme machte mir zu schaffen. Eine Helferin sieht mich und läuft mir entgegen.
„Schön, Sie wieder zu sehen“ ruft Sie mir zu, mit einem strahlenden Lächeln, das sich über das ganze Gesicht ausbreitet. Sie begleitet mich bis zum Stand. Eine Aussage von Herzen. Im Rückblick, bei der Analyse des Laufes: Warum wohl bin ich den nächsten Kilometer mit klar schnellerer Durchschnittszeit gelaufen, als die Kilometer zuvor? Die Anfeuerung und das Wiedererkennen nach einem Jahr Abstand zwischen dem letzten Lauf, das alles hatte mich beflügelt. Das ist ein weiterer Baustein zu den Erlebnissen vom letzten Jahr; eine weitere Bereicherung.


Dieses Jahr lief es für mich gefühlt deutlich besser als letztes Jahr, obwohl ich keinen Deut mehr trainieren konnte als das Jahr zuvor. Der Grund für den Trainingsmangel dieses Mal: Blinddarmdurchbruch im April, erst nach acht Monaten wieder Start mit leichtem Lauftraining. Während ich das schreibe, huscht ein Lächeln über mein Gesicht. Kurzer Rückblick zur Siegerehrung: Ein Helfer vom TSV packte mich an den Schultern, rüttelte mich kurz sanft durch, verbunden mit einem herzlichen Wunsch, ich solle „nicht wieder so einen Scheiß machen“. Er kannte meine Krankenakte auch aus dem letzten Jahr.
Tja, die Erfahrungen aus 2024, die hatten mir Mut gemacht. Irgendwie ging ich beflügelt in den Lauf, ich wusste, dass ich getragen bin. Dazu zehn Kilogramm Gewicht weniger, bedingt durch eine Ernährungsumstellung. Meine Knie dankten es mir. Und das Brummen des Besenwagens, der mich letztes Jahr so treu begleitet hatte, das wurde mit jedem Schritt leiser. Ab KM 3 war er nicht mehr zu hören. Auch nicht mehr bis zum Ziel. Kurz vor dem Ziel, da kamen mir Tränen in die Augen: Die Zeiterfassung war noch vorhanden; welch eine Freude für mich. Dieses Mal war ich zwanzig Minuten schneller. Kaum über die Matte gelaufen, sehe ich Nicole und Reiner vom TSV. Welch eine Freude für mich, die beiden zu sehen und kurz zu sprechen. Schnelle Einweisung zum Kleider- und dem Shuttlebus. Die Finisher-Medaille, auch dieses Mal wieder top designt – man achte auch auf die Rückseite – die gab es dann bei der Siegerehrung.
Nicole, Reiner und andere. Sinnbildlich für die von so vielen Ehrenamtlichen mit Herzblut ausgerichtete Veranstaltung: Am Start bei der Ausgabe der Startnummern für die „Späties“ (Anreise am Wettkampftag oder Heimspiel des Insulaners).

Im Ziel die Überreichung der Medaillen und mehr. Dann ab zur Ausrichtung der stimmungsvollen Siegerehrung. Am Vortag die Durchführung und Begleitung der Ausgabe der Startnummern während der Nudelparty. Rührig, umtriebig und präsent. Jederzeitig ansprechbar. Mich berührte es sehr, dass Sie mich direkt wiedererkannten, mit herzlicher Begrüßung. Mir wurde es warm ums Herz.
Was nicht fehlen durfte, waren auch die bezaubernden Damen von der UNICEF; traditionell hatte ich mir da gleich ein Set Karten besorgt. Das sind jetzt alles nur Fragmente eines sehr dichten Erlebens. Mir ist, als würde einmal im Jahr ein großes Familienfest gefeiert, bei dem Menschen aus nah und fern sich auf der Insel treffen, um sich einem tollen Wettbewerb zu stellen. Einem Wettbewerb, bei dem jeder ein Sieger ist. Gleich viel wert wie der erste Platz; das kann man in meinem Bericht vom letzten Jahr gerne nachlesen.
Zum Abschluss: Während des Laufes konnte ich dieses Jahr die sich ständig ändernde Landschaft noch intensiver genießen. Einfach traumhaft. Und das Wetter? Wetter ist Wetter und Syltlauf ist Syltlauf. Wetter gibt es täglich, den Syltlauf nur einmal im Jahr. In meinen Kalendern habe ich mir schon den Juni mit kräftigen Farben markiert: Ab da gilt es zu prüfen, ob die Anmeldung für 2026 schon geöffnet ist.
Ein Warnhinweis ist an dieser Stelle allerdings notwendig: Nach einer Teilnahme drohen z.T. große Schlafdefizite! Ich konnte vollgepumpt mit Endorphinen zwei Nächte lang kaum schlafen. Allerdings wird das überstrahlt über die Freude und die vielen kleinen und großen Erlebnisse. Die bleiben.


Ein herzlicher Dank an dieser Stelle auch an meinen treuen Laufsportberater Harald, Pegasus Sport Wiesbaden, der mich seit Jahren quasi von Kopf bis Fuß perfekt einkleidet. Sein freundschaftlicher Rat ist mir viel wert; ebenso unser gemeinsamer Austausch.
Rüdiger Schaller, 19.03.2025
Autor des Buches: In die Stille
Der Link zum Syltlauf 2024: Syltlauf - mal ganz anders / Reflektionen | ruedigerschaller.de
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